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"Abweichungen bei allen Herstellern": Audi-Fahrer wollte Klarheit im Abgas-Wirrwarr - und bekam das hier
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dpa/Ronald Wittek Mehr als 2 Millionen Audis sind vom Abgas-Skandal betroffen.
  • FOCUS-online-Redakteur (München)

Volkswagen will die Kunden im Abgas-Skandal nicht im Regen stehen lassen. Die Antwort eines Audi-Händlers an einen betroffenen Fahrzeugbesitzer lässt allerdings echten Aufklärungswillen vermissen - obwohl das Autohaus ein entscheidendes Zugeständnis macht.

Geht es um die juristische Bewertung des VW-Skandals, raten viele Rechtsexperten zu Folgendem: Wer einen Wagen mit dem "Schummel-Diesel"-Motor EA 189 gekauft hat, solle seinem Autohändler den "Verzicht der Verjährungseinrede" entlocken. Dadurch könnte verhindert werden, dass die Kunden im Regen stehen, wenn die zweijährige Frist für die Sachmängelhaftung abläuft. Das ist bei vielen 2013 gekauften Autos der Marken VW, Audi, Skoda oder Seat eigentlich gerade der Fall. Der Händler muss also länger für Sachmängel haften, wenn er diesen Verzicht erklärt.

Für die Erklärung gibt es Vordrucke, die zum Beispiel der ADAC anbietet. Wie FOCUS Online von mehreren mit dem VW-Skandal befassten Rechtsanwälten erfahren hat, bekommen Kunden aber häufig einfach keine Antwort auf ihre Schreiben. Bei vielen Autohändlern herrscht Unsicherheit - und Schweigen.

Verzicht erklärt - aber zugegeben wird nichts

Das Schreiben, dass ein Audi-Kunde aus Ostdeutschland bekam, ist daher ungewöhnlich. Die Rechtsanwaltskanzlei Klamert Mahr & Partner aus München berichtet über den Fall. "Für Ihr Ansinnen haben wir selbstverständlich Verständnis", heißt es in dem Schreiben des Audi-Centers. Der Händler erklärt unumwunden den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2016.

So weit, so kundenfreundlich. Doch das Schreiben geht noch weiter. Das Autohaus wollte nämlich "etwaige Missverständnisse" ausschließen. In Europa seien nun einmal die Abgaswerte maßgeblich, "die in einem bestimmten vorgegebenen Prüfverfahren (NEFZ) ermittelt werden". Nicht maßgeblich seien nach den derzeit gültigen Gesetzen dagegen "die im realen Fahrbetrieb gemessenen Abgaswerte."

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"Es liegt kein Mangel vor"

Das Schreiben schließt mit dem Absatz: "Vor diesem Hintergrund kommt es bei allen Dieselfahrzeugen sämtlicher Hersteller zu Abweichungen zwischen den Abgaswerten, die im vorgesehenen gesetzlichen Prüfverfahren ermittelt werden, und den im realen Fahrbetrieb ermittelten Emissionswerten. Wegen einer solchen Abweichung allein liegt noch kein Mangel vor."

Auch wenn das Kraftfahrtbundesamt gerade tatsächlich auch bei anderen Herstellern falsche Abgaswerte festgestellt hat, dürften sich die Kunden durch derartige Aussagen ihres Händlers nicht besonders ernst genommen fühlen. Zumindest wirft der Brief die Frage auf, wie ein Autohändler einen Mangel quasi ausschließen kann, wenn sein Autohersteller gerade erst vor aller Welt massive Betrügereien einräumen musste. Genau die weisen viele Autohersteller nämlich vehement von sich. Daimler zum Beispiel hatte kürzlich betont: „Wir können Unregelmäßigkeiten bei den CO2-Werten unserer Fahrzeuge ausschließen.“ Der Unterschied zwischen abweichenden Messergebnissen und bewusster Manipulation ist schließlich entscheidend.

Ein Audi-Händler verzichtet in diesem Schreiben auf die Einred der Verjährung. Allerdings wird betont, dass falsche Abgaswerte nicht unbedingt als Mangel einzustufen seien
Focus online Ein Audi-Händler verzichtet in diesem Schreiben auf die Einred der Verjährung. Allerdings wird betont, dass falsche Abgaswerte nicht unbedingt als Mangel einzustufen seien

Kunde soll nicht die Beweislast haben

Die Kanzlei von Markus Klamert fordert daher in einem Offenen Brief an den Volkswagen-Aufsichtsrat nicht nur den Verzicht der Einrede auf Verjährung, sondern auch die "Übernahme der Beweissicherungskosten". Klamert und andere Rechtsexperten sehen nämlich folgendes Problem: Um beweisen zu können, ob nach dem Rückruf der betroffenen VW-Fahrzeuge der Mangel wirklich beseitigt wurde , müssten die Kunden eigentlich den aktuellen Zustand ihres Autos dokumentieren. Sonst könne man nach dem Rückruf schließlich nicht feststellen, ob zum Beispiel Spritverbrauch und Leistung des Autos schlechter ausfallen als vorher. Um den Ist-Zustand des Wagens zu ermitteln, bedarf es aber eines teuren Gutachtens.

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Wer mehr verbraucht, muss es beweisen

Es stellt sich also die Frage, was die Strategie des VW-Konzerns ist. Die Kosten für die Beweissicherung an den Fahrzeugen dürften enorm sein, der Konzern wird sie daher kaum freiwillig übernehmen wollen. Eine für die Hersteller ziemlich komfortable Situation gibt es beim Thema Mehrverbrauch. Das zeigte vor einigen Jahren das berühmte"Spritfresser-Urteil" gegen Mercedes: Wer einen Mehrverbrauch an seinem Auto vermutet, muss das selbst unter Laborbedingungen testen lassen. Das Ergebnis wird dann mit den Angaben des Herstellers verglichen. Eine Flut an Schadensersatzansprüchen durch diese Hürde quasi ausgeschlossen.

Markenchef: Kunden werden keine Kosten entstehen

Der VW-Konzern wird nun an den Aussagen des erst seit wenigen Monaten amtierenden  Markenchefs Herbert Diess gemessen werden. Der sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa:  "Der Vorstand hat bereits verabschiedet, dass es für jeden Markt ein individuelles Maßnahmenpaket geben wird. Über die Umrüstung der Fahrzeuge hinaus werden wir gemeinsam mit unserem Handel eine exzellente Kundenbetreuung bieten. Lassen Sie mich betonen, dass dem Kunden für die Umsetzung der erforderlichen technischen Maßnahmen keine Kosten entstehen." Kunden dürfen also auf besondere Kulanz hoffen.

Mittlerweile hat sich auch die Audi-Konzernzentrale zu dem Thema geäußert: "Wie viele Händler ihren Kunden einen Verzicht auf Einrede der Verjährung erklärt haben, entzieht sich unserer Kenntnis, da hier das Vertragsverhältnis zwischen dem Händler als selbstständigem Unternehmer und seinem Kunden berührt ist. Wir werden selbstverständlich dafür Sorge tragen, dass für alle Kunden mit betroffenen Fahrzeugen die im Zusammenhang mit der Diesel-Thematik erforderliche technische Lösung kostenlos umgesetzt wird", so ein Konzernsprecher zu FOCUS Online.

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