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Pressen am besten vergessen

Was gegen Hämorrhoiden hilft

Es brennt, juckt, nässt, blutet und schmerzt schier unerträglich. Manchmal ist Sitzen kaum mehr möglich: Hämorrhoidalleiden beschweren Millionen von Menschen den Toilettengang und den Alltag. Etwa 70 Prozent aller Erwachsenen bekommen ihre Hämorrhoiden im Laufe des Lebens zu spüren. Wege aus dem Dilemma.
Isabel Weinert
31.08.2020  13:00 Uhr

Der sogenannte Hämorrhoidal-Plexus dichtet den After als Gefäßpolster zwischen Enddarm und Schließmuskel perfekt ab. Doch dabei bleibt es nicht unbedingt im Laufe des Lebens. »Als wichtigster Auslöser gilt längeres, vor allem starkes Pressen, das einen hohen abdominellen Druck mit sich bringt, und Nachpressen beim Stuhlgang – etwa bei einer chronischen Verstopfung«, schreibt die Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Uniklinikum Dresden. Dann vergrößert sich das schwammartige Gefäßpolster, kann bluten und die typischen Symptome auslösen. Aber auch anhaltendes Husten, Übergewicht und ein lockeres Bindegewebe im Beckenboden schwächen die Analabdichtung ebenso wie ablaufende Veränderungen in der Schwangerschaft.

Bevor Betroffene einen Arzt aufsuchen, vergehen häufig viele Monate oder sogar Jahre. Und dies oft selbst dann, wenn das Leiden fortgeschritten ist, was sich in einem Fremdkörpergefühl durch den Prolaps und in einer Feinkontinenzstörung äußert. Das heißt, Stuhl geht im wahrsten Sinne in die Hose, ohne dass Betroffene das willentlich verhindern könnten.

Den Proktologen zeigen schon die vom Patienten geschilderten Symptome an, um welche Erkrankung es sich wahrscheinlich handelt. Es folgt eine körperliche Untersuchung, in deren Rahmen der Arzt auch den unteren Darmabschnitt spiegelt. Bei der proktologischen Untersuchung erkennen Mediziner stark ausgeprägte Hämorrhoiden zwar bereits mit bloßem Auge. Dennoch müssen sie mit Hilfe einer digital-rektalen Untersuchung auf entzündliche Begleitveränderungen und Tumoren, Polypen, eine vergrößerte Prostata oder Abszesse achten und diese ausschließen. Jeder Blutung aus dem Darm muss der Arzt nachgehen, weil es sich hierbei um ein Symptom handelt, das sowohl bei Tumoren als auch bei Hämorrhoiden auftreten kann.

Neben Hämorrhoiden können Beschwerden am Anus zum Beispiel auch von einer Analfissur, von Abszessen, Marisken und Fisteln oder von einer Analvenenthrombose herrühren. Sie stellt sich als plötzlich entstehender, schmerzhafter, erbsen- bis taubeneigroßer Knoten am Afterrand dar. Thrombose ist dafür ein fast irreführender Begriff, denn es handelt sich um einen Bluterguss, der meist von selbst wieder vergeht und nur selten herausgeschnitten werden muss.

Am besten konventionell

Die Therapie von Hämorrhoiden richtet sich nach dem Schweregrad des Leidens und besteht zunächst aus konservativen Maßnahmen. Laut der aktuellen S3-Leitlinie helfen bei leichten bis mäßigen Beschwerden eine Ernährung mit reichlich Ballaststoffen und der Einsatz von Quellmitteln wie Flohsamenschalen (Plantago ovata). Daneben hilft es, wenn sich Betroffene mehr bewegen und ausreichend trinken.

Patienten sollten beim Toilettengang nicht zu lange pressen. Doch was heißt dieser oft gehörte Rat eigentlich? Wer unter seinen Hämorrhoiden leidet, sollte stets erst dann die Toilette aufsuchen, wenn er wirklich muss. Dann tritt die erste Stuhlportion wie von selbst in den After ein. Mit der Bauchpresse, also dem Einziehen des Bauches, lässt sich nachhelfen.

Drängt die Stuhlsäule aus dem After heraus, darf man nicht pressen, sondern erleichtert den Stuhlaustritt, indem man den Beckenboden hochzieht, auch wenn die Stuhlsäule dann abreißt. Bleibt das Gefühl, nicht vollständig entleert zu sein, kommt wieder die Bauchpresse zum Einsatz, um den restlichen Stuhl Richtung Ausgang zu treiben.

Maximal vier Wochen

Um die Symptome vergrößerter Hämorrhoiden zu lindern, stehen eine Reihe perianal oder rektal anzuwendender Zubereitungen zur Verfügung. Gegen akute Beschwerden bringen Sitzbäder nicht nur rasche Linderung, sondern der Analbereich wird gleichzeitig gereinigt. Kamillenextrakte (wie Kamillosan®), Eichenrinde oder synthetische Gerbstoffe (wie Tannolact®, Tannosynt® flüssig, Delagil®) wirken adstringierend und wundheilungsfördernd. Für ein Sitzbad wird ein Esslöffel des jeweiligen Pulvers beziehungsweise etwa 5 ml des flüssigen Badezusatzes in 5 Litern Wasser aufgelöst. Das Wasser sollte am besten zwischen 32 und 35 °Celsius warm sein.

Stehen Juckreiz und Nässen im Vordergrund, sind Präparate mit Adstringenzien eine Empfehlung wert. Sie wirken austrocknend, schwach blutungsstillend und antiinflammatorisch. Dabei die größte Bedeutung haben Zubereitungen aus basischem Bismutgallat (wie Eulatin® NH, Mastu®) und pflanzliche Drogenauszüge mit Gerbstoffen, wie Extrakte aus den Blättern und der Rinde der virginischen Zaubernuss Hamamelis virginiana (wie Hametum®, Faktu lind® mit Hamamelis, Haenal® fact Hamamelis, Posterine®). Die Gerbstoffe verfestigen durch Vernetzung von Proteinen die obersten Kolloidschichten der Haut und dichten so in niedrigen Konzentrationen die Zellmembranen ab. In höheren Konzentrationen bewirken sie eine oberflächliche Proteindenaturierung, wodurch eine schützende, reizmildernde Koagulationsmembran entsteht. Länger als vier Wochen sollten sich Patienten allerdings nicht selbst damit behandeln, dann braucht es den Rat des Arztes. Womöglich handelt es sich um ein anderes oben aufgeführtes Po-Problem.

Akute Schmerzen und Juckreiz lindern Lokalanästhetika zuverlässig. Hierzu zählen Lidocain in Posterisan® akut oder Quinisocain in Haenal® akut. Länger als eine Woche darf die Selbstmedikation mit diesen Medikamenten nicht dauern. Heil- und Pflegesalben bringen sowohl vor dem Stuhlgang für das zu erwartende schmerzhafte Ereignis Linderung als auch danach. Posterisan® protect oder Retterspitz® Wund- und Heilsalbe gehören in diese Gruppe. Schwangere – eine besondere Risikogruppe für Hämorrhoiden – gehen mit Kamillezubereitungen auf Nummer sicher.

Neben Medikamenten kommen auch eine Sklerosierung (Verödung) oder eine Gummibandligatur (Abbinden) bei niedriggradigen Hämorrhoiden infrage. Bei schwereren Ausprägungen kommt man jedoch nach wie vor nicht um eine Operation herum.

 

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